Entwurf einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS)
Mitte Juni 2024 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) den Entwurf einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) veröffentlicht. Übergeordnetes Ziel der NKWS ist, den Verbrauch primärer Rohstoffe zu senken und Stoffkreisläufe zu schließen. Mit der NKWS soll konkret ein 50 %‑Reduktionsziel für den primären Rohstoffverbrauch bis 2045 verankert werden.
Für einzelne Stoffströme (z. B. mineralische Baustoffe, Metalle, Kunststoffe, Siedlungsabfälle) sollen spezifische Ziele festgelegt werden. Die NKWS legt Maßnahmen und Instrumente fest, um diese Ziele zu erreichen, u.a. Rezyklateinsatzquoten und ökonomische Anreizinstrumente.
Ziele der NKWS:
- Ziel 1: Primärrohstoffverbrauch senken
In Anspruch genommene Primärrohstoffe für Konsum und Investitionen in Deutschland sollen bis zum Jahr 2045 von heute rund 16 auf 8 Tonnen pro Kopf und Jahr gesenkt werden (RMC). - Ziel 2: Stoffkreisläufe schließenDie Circular Material Use Rate (CMUR) soll bis zum Jahr 2030 (von heute rund 13 % auf 26 %) verdoppelt werden.
- Ziel 3: Rohstoffversorgungssicherheit und Rohstoffsouveränität erhöhen
Durch Recyclingkapazitäten in der EU sollen 25 % des Bedarfs an strategischen Rohstoffen bis 2030 gedeckt werden. - Ziel 4: Abfälle vermeidenDas Pro-Kopf-Aufkommen an Siedlungsabfällen soll bis zum Jahr 2030 um 10 % und bis zum Jahr 2045 um 20 % sinken (Bezug 2020).
Im Folgenden werden die Maßnahmen der NKWS hinsichtlich der für uns bedeutsamen mineralischen Ersatzbaustoffe (MEB) aufgezeigt.
- Anstoßen von Rechtssetzungsvorhaben auf nationaler und europäischer Ebene, um Abfallvermeidung und – verwertung zu stärken.
- Effektivere Kreislaufführung von MEB und Förderung ihrer Nutzung als hochwertige und qualitätsgesicherte Recycling-Baustoffe.
- Abfallende-Verordnung für MEB gemäß EBV, um Ersatzbaustoffe im Tiefbau verstärkt im Kreislauf zu führen und gleichzeitig den Schutz von Boden und Grundwasser sicherzustellen.
- Schrittweise das Abfallende für weitere Stoffe und Materialien definieren (z. B. für mineralische Sekundärbaustoffe im Hochbau), um das Recycling zu unterstützen.
- Perspektivisch: Verursacherprinzip durch Instrumente der erweiterten Herstellerverantwortung weiterentwickeln, als Anreiz für recyclinggerechtes Design.
Zur Umsetzung der NKWS soll in Zukunft eine „Plattform für Kreislaufwirtschaft“ eingerichtet werden. Hiermit soll die konkrete Umsetzung der NKWS gemeinsam mit Stakeholdern und Experten vorbereitet werden. Ebenso soll eine NKWS-Roadmap 2030 entwickelt werden, um die in der NKWS ausgeführten Vorhaben und Zeitpläne weiter zu konkretisieren.
Stellungnahme zum Entwurf der NKWS
Bis Ende Juni 2024 bestand die Möglichkeit, den Entwurf der NKWS gegenüber dem Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. (bbs) zu kommentieren. Der Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V. (BV KSI) und der Bundesverband Porenbetonindustrie e.V. (BVP) haben im Rahmen einer gemeinsamen Stellungnahme folgende wichtige Aspekte im Interesse unserer Kalksandstein- und Porenbetonindustrie eingereicht, welche bereits in der Anfang Juli 2024 veröffentlichten, finalen bbs Stellungnahme an den Bundesverband der Industrie (BDI) aufgenommen wurden. Im weiteren Verlauf reicht der BDI die bbs Stellungnahme an das BMUV weiter.
- Ende der Abfalleigenschaften – bezieht sich bisher nur auf einige MEB der Ersatzbaustoffverordnung (EBV):
- Kalksandsteinabbruchmaterial gehört zu der Materialklasse RC-1 und ist sowohl als Gesteinskörnung als auch hinsichtlich der Verwertung von mineralischen Bauabfällen zur Herstellung von Kalksandstein geeignet und muss daher den Status „Abfall“ verlieren.
- Porenbetonabbruchmaterial muss unabhängig von einer Einstufung in die RC-Klassen der Herstellung von neuem Porenbeton zugeführt werden und daher die Abfalleigenschaft verlieren.
- Asbestthematik:
- Unbedingte Einführung eines praktikablen Beurteilungswertes für den maximalen Asbestgehalt in Baustoffen, bei dessen Unterschreitung eine unmittelbare Verwertung ohne weitere Nachweise möglich ist (Kalksandstein- und Porenbetonabfall ist praktisch asbestfrei).
- Abfallschlüsselnummern:
- Forderung nach Abfallschlüsselnummern für Kalksandstein und Porenbeton! Wir haben nochmals darauf hingewiesen, dass eine Kreislaufwirtschaft wie in der NKWS gefordert ohne sortenreine Stoffströme für unsere Baustoffe nicht möglich ist. Sowohl Kalksandstein als auch Porenbeton müssen eine eigene Abfallschlüsselnummer auf nationaler Ebene erhalten (vergl. DERA-Studie – Abschlussbericht Dialogplattform Recyclingrohstoffe).
- Recyclingquoten für die Baustoffherstellung:
- Wir fordern für den Fall der Einführung von RC-Quoten, dass dann spezifische und nicht allgemeine Quoten angesetzt werden. Die technische Machbarkeit muss dazu in jedem Fall nachgewiesen werden.
- Bezüglich Kalksandstein konnte die technische Machbarkeit bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Projekten nachgewiesen werden (15 AiF-Forschungsprojekte, siehe KS-EPD 2021). Diese sind auch in die neue DIN SPEC 19458 „Kalksandstein als Rohstoff für das Bauwesen – Aufbereitung, Verwendung und Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnungen“ eingeflossen.
Fazit:
Der Entwurf der NKWS soll dazu beitragen, den Verbrauch primärer Ressourcen zu reduzieren und stattdessen mehr Sekundärrohstoffe einzusetzen. Die Strategie ist für unterschiedliche Stoffströme ausgerichtet:
- Fahrzeuge, Batterien, Mobilität
- Elektrogeräte
- Erneuerbare Energie-Anlagen
- Bekleidung und Textilien
- Bau- und Gebäudebereich
- Metalle, Kunststoffe
Für jedes Handlungsfeld wurden die Hemmnisse und Potenziale dargestellt, Visionen entwickelt und Maßnahmen und Instrumente vorgeschlagen.
Für den Bau- und Gebäudebereich nimmt die NKWS auf Aspekte Bezug, die im Rahmen der Dialogplattform Recyclingbaustoffe (DERA) – an der sich auch der BV KSI und BVP intensiv beteiligt haben – erarbeitet wurden.
Die NKWS sieht vor, die Wirtschaft mit umfangreichen Angeboten im Bereich Forschung und Entwicklung, der finanziellen Unterstützung von Kreislaufwirtschaftstechnologien, der Einrichtung einer „Plattform für Kreislaufwirtschaft“ und die Förderung von Pilotanlangen zu unterstützen. Hiermit sollen Circular Economy-Ansätze in der Praxis etabliert werden. Dies ist insgesamt zu begrüßen.
Kritisiert werden seitens der Verbände (z. B. bbs, BDI) folgende Ziele der NKWS:
- Die Halbierung des Primärrohstoffverbrauchs und die Verdopplung der Substitutionsquote.
- Es besteht ein erheblicher Bau- und Rohstoffbedarf in den Bereichen Wohnungsbau, Infrastruktur und Energiewende.
- Eine Begrenzung des Einsatzes von Primärrohstoffen könnte dazu führen, dass notwendige Bauvorhaben nicht umgesetzt werden können.
- Einer Verdoppelung der Substitutionsquote steht das begrenzte Aufkommen an mineralischen Bauabfällen und industriellen Nebenprodukten entgegen, die bereits heute fast vollständig verwertet werden.
- Da die NKWS zudem auf schadstofffreie Sekundärstoffe, mehr Umbau und weniger Abriss setzt, bleibt offen, mit welchen Materialien der Baubedarf zukünftig gedeckt werden soll.